Mitfahrzentralen – Von einem Dienst aus der Kostenloskultur zur Rekommerzialisierung – Teil 2

Erinnern wir uns: Deutsches Unternehmen und Marktpionier Mitfahrgelegenheit führte März 2013 die Kostenpflicht ein. „Noch“ faire 11% Vermittlungsgebühr für Fahrer. User-Shitstorm inkl. reger deutscher Medienbeteiligung („Mitfahrgelegenheit zockt ab“). Hier proaktive Empfehlungen zu kostenlosen Alternativen, insbesondere zu BlaBlaCar. Dieses französische Unternehmen BlaBlacar mit absehbarem Geschäftsmodell startete (nicht per Zufall) zeitgleich in DE und propagierte „kostenlos“ – was natürlich das Gro – auch durch Berichterstattung – glaubte und im eigenen Interesse nutzte, solange es kostenlos ist. Folge: Die Mehrheit der Fahrtangebote wanderten nach und nach zu BlaBlaCar. Mitfahrgelegenheit streckte 2015 die Flügel, verkaufte sich an BlaBlaCar. BlaBlaCar daraufhin dominierender Marktführer in DE.

August 2016: BlaBlacar führt Kostenpflicht ein. Vermittlungsgebühr jetzt: Schöne, satte 20% (und je nach Fahrpreis sogar noch mehr: Bis zu 45%!) Für Mitfahrer.

Es gab natürlich auch strategische Fehler seitens MFG insbesondere in der Kostenpflichteinführung und der Kommunikation. Das hat BlaBlaCar mit einer regional abgestuften Einführung in den letzten Monaten und einer Reservierungsgebühr für Mitfahrer (earn per sale, Userkapital) statt Vermittlungsprovision für Fahrer (monatl. Abrechnung) wesentlich intelligenter umgesetzt. Ob aber auch MFG eine Chance gehabt hätte, selbst wenn sie diese Punkte gegenüber einem VC-starken „vorübergehenden“ Kostenlosmitbewerber optimal umgesetzt hätten? Denn das sind meiner Meinung genau die Schwächen des Marktes im Netz: Die Dominanz von Risikokapital für digitale Leistungen mit minimalen Grenzkosten. Und der stets ans kostenlos im Netz orientierte Konsument.

Glückwunsch aber an BlaBlaCar! Und an die Mitfahrer, die jetzt sogar noch 20-45% Aufschlag zum Fahrpreis bezahlen dürfen, die meisten Fahrer jedoch ihren Fahrpreis aufgrund des deutlichen Aufschlages noch senken müssen. Und werden, weil sie müssen.

Schade noch nachwievor für den Verlust vom deutschen Unternehmen Mitfahrgelegenheit.

Zum Thema mein damaliges Blogposting, in dem ich mitunter meine Überzeugung zur Etablierung eines kostenpflichtigen Buchungssystems darstellte.